Wenn der Broker keine Lizenz hat: Mulfin Trade und die Warnsignale der BaFin. Undurchsichtige Geschäfte mit Kryptos und CFDs – warum die Finanzaufsicht jetzt Alarm schlägt und was das für Anleger bedeutet.
Klingende Namen, moderne Webseiten, vermeintlich lukrative Angebote: Auf den ersten Blick wirkt Mulfin Trade wie ein Anbieter unter vielen im boomenden Markt für Finanz- und Kryptodienstleistungen. Doch hinter dem Webauftritt trading-area.mulfin-v2.com verbirgt sich nach Einschätzung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein ernstzunehmendes Risiko. In einer aktuellen Warnmeldung stellt die Behörde klar: Mulfin Trade bietet offenbar Finanz- und Wertpapierdienstleistungen sowie Geschäfte mit digitalen Vermögenswerten an – ohne über die dafür erforderliche Erlaubnis zu verfügen.
Das Problem ist größer, als es scheint: Allein im Jahr 2023 verzeichnete die BaFin über 1.600 Hinweise auf nicht lizenzierte Finanzdienstleister, Tendenz steigend. Der Schaden für Verbraucher summiert sich auf mehrere hundert Millionen Euro jährlich, denn ohne Erlaubnis fehlt nicht nur die gesetzliche Kontrolle – auch Rückforderungsansprüche und Haftung sind deutlich schwerer durchzusetzen. Besonders perfide: Die Plattformen wirken täuschend professionell, werben mit scheinbaren Garantien und nutzen gezielt die Grauzonen internationaler Rechtsräume aus.
Doch was bedeutet das konkret für Anleger? Welche Rechte haben Betroffene – und wie lässt sich überhaupt erkennen, ob ein Anbieter legal agiert? Und nicht zuletzt: Welche Verantwortung tragen Vermittler, Zahlungsdienstleister und Plattformbetreiber, wenn sie solche Konstrukte unterstützen oder dulden? Der Fall Mulfin Trade wirft genau diese Fragen auf – und zeigt erneut, wie wichtig rechtliche Wachsamkeit im digitalen Finanzmarkt geworden ist.
Grundlage der BaFin-Warnungen
In der Mitteilung verweist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf die einschlägigen gesetzlichen Grundlagen, die für das Anbieten von Finanzdienstleistungen in Deutschland gelten. Dazu gehören insbesondere der § 37 Absatz 4 des Kreditwesengesetzes (KWG) sowie § 10 Absatz 7 des Kryptomärkteaufsichtsgesetzes (KMAG). Diese Normen stehen stellvertretend für ein streng reglementiertes und kontrolliertes Umfeld, in dem jede geschäftliche Aktivität, die mit dem Einsammeln oder Anlegen von Kapital verbunden ist, einer vorherigen Genehmigung bedarf.
„Diese gesetzlichen Vorschriften dienen dem Schutz der Allgemeinheit und der Stabilität des Finanzsystems“, betont Dr. Thomas Schulte. „Wer ohne BaFin-Erlaubnis Finanzaktivitäten betreibt, schafft ein erhebliches finanzielles Risiko für die jeweiligen Anleger.“ Diese Einschätzung wird auch von den Sicherheitsbehörden wie dem Bundeskriminalamt und mehreren Landeskriminalämtern geteilt, die in Kooperation mit der BaFin regelmäßig Warnhinweise veröffentlichen.
Die Rolle der Zulassungspflicht
In Deutschland sind Finanz- und Wertpapierdienstleistungen streng reguliert. Gemäß § 32 Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes bedarf es einer schriftlichen Erlaubnis der BaFin, bevor jemand „Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der eine kaufmännische Einrichtung erfordert,“ erbringen darf. Auch das Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KMAG), das jüngst in Kraft getreten ist, unterstreicht im § 10 Abs. 7 die Notwendigkeit, für kryptobasierte Angebote eine eigenständige Erlaubnis einzuholen.
„Dies ist kein administrativer Selbstzweck, sondern ein zentrales Schutzinstrument“, erklärt Dr. Thomas Schulte weiter. „Eine Erlaubnispflicht verhindert, dass dubiose Anbieter einfach am Markt operieren können, ohne ihre fachliche Eignung, finanzielle Ausstattung und organisatorische Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt zu haben.“
Gefahren des unregulierten Marktzugangs
Die besonderen Gefahren, die von Anbietern wie Mulfin Trade ausgehen, liegen in der fehlenden Transparenz sowie in der deutlich größeren Wahrscheinlichkeit des Vermögensverlustes. Nutzer, die auf den ersten Blick professionell gestaltete Websites wie trading-area.mulfin-v2.com aufsuchen, glauben häufig, es handele sich um seriöse Unternehmen. Tatsächlich agieren viele dieser Anbieter jedoch aus dem Ausland, sind schwer auffindbar und wechseln regelmäßig ihre Internetadressen.
„Wer auf einer solchen Seite investiert, sitzt letztlich in einem digitalen Dunstkreis ohne gesicherte Verträge oder Rückgriffsmöglichkeiten“, warnt Dr. Schulte eindringlich. Bereits eine Einzahlung kann unwiederbringlich verloren sein – nicht etwa aufgrund von Spekulationsverlusten, sondern weil das Geld in dunklen Kanälen verschwindet.
Verbraucherschutz in der digitalen Dimension

Die BaFin hat ihre Verbraucherinformationen in den letzten Jahren ausgeweitet. Unter anderem informiert der Verbraucherschutzpodcast „Vorsicht, Betrug“ regelmäßig über aktuelle Betrugsmaschen und gibt Tipps zur Selbsthilfe. Trotzdem bleibt das Problem: Der durchschnittliche Anleger ist weder Jurist noch IT-Forensiker.
„Gerade im digitalen Raum sind viele Menschen mit einer Flut an Informationen konfrontiert, die sie kaum einordnen können. Manche Betrugsmaschen sind dermaßen raffiniert, dass selbst erfahrene Anleger in die Falle tappen können“, so Dr. Thomas Schulte. Entsprechend fordern Juristen seit Jahren, dass eine noch stärkere finanzielle Allgemeinbildung, flankiert von präventiver Rechtsberatung, um diese Form der Kriminalität nachhaltig einzudämmen, nötig ist.
Fehlende Rechtssicherheit bei Internetangeboten
Ein weiterer Aspekt ist die rechtliche Unsicherheit. Ein Vertrag kommt oft nur digital zustande, manchmal per Mausklick oder gar automatisch durch ein registriertes Nutzerkonto. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass wichtige Vertragspunkte weder dokumentiert noch transparent ausgewiesen wurden.
„Das größte Problem betrifft die Beweislage“, erläutert Dr. Schulte. „War ein Vertragsabschluss tatsächlich gewollt, was wurde vereinbart, welche AGB galten, und welche Sprache war maßgeblich?“ Bei Anbietern wie Mulfin Trade, deren Sitz, Geschäftsführer oder gar Eigentümer häufig unbekannt sind, fehlen gerade diese Angaben vollständig.
Wie kann man sich schützen?
Dr. Schulte empfiehlt mehrfache Schutzmechanismen, beginnend mit einer gründlichen Recherche: „Bevor man auch nur einen Euro investiert, sollte man die Unternehmensdatenbank der BaFin (BaFin-Unternehmensregister) aufrufen. Dort lässt sich in wenigen Sekunden überprüfen, ob ein Anbieter eine gültige Erlaubnis für Finanz- oder Wertpapierdienstleistungen besitzt – oder ob es sich um einen Schattenakteur handelt.“ Wichtig sei dabei auch, auf Details wie ähnlich klingende Unternehmensnamen zu achten, die häufig gezielt eingesetzt werden, um Vertrauen zu erschleichen.
Doch damit nicht genug: Gerade bei Anbietern, die im Bereich Kryptowährungen oder hochspekulativer Derivate (wie CFDs oder Forex) tätig sind, sollten Verbraucher besondere Vorsicht walten lassen. „Viele dieser Plattformen tarnen sich mit ausländischen Lizenzen, etwa aus Karibikstaaten oder Drittstaaten ohne europäische Aufsichtsanbindung“, so Dr. Schulte. Das Problem: Selbst wenn dort eine Genehmigung besteht, gilt diese nicht automatisch für den deutschen Markt – hier greift § 32 Kreditwesengesetz (KWG), der eine ausdrückliche BaFin-Erlaubnis für geschäftliche Aktivitäten in Deutschland verlangt.
Daher gilt: Bereits bei ersten Unklarheiten oder Unsicherheiten sollte rechtliche Beratung eingeholt werden – bevor Gelder fließen. Ein erfahrener Fachanwalt kann oft schon anhand der Domainstruktur, des Impressums, der AGB oder der Zahlungsmodalitäten Hinweise auf Seriosität oder Täuschung erkennen. Zudem lässt sich über frühzeitige rechtliche Begleitung das Risiko einer nicht rückholbaren Zahlung erheblich senken – insbesondere bei Kryptotransaktionen, die de facto nicht mehr zu stoppen sind, sobald sie ausgelöst wurden.
Das übergeordnete Ziel, so Dr. Schulte, müsse es sein, digitale Anlagemöglichkeiten in einen sicheren, rechtsstaatlich kontrollierten Rahmen zu überführen. Solange es keinen wirksamen europäischen Regulierungsrahmen für grenzüberschreitende Online-Investments gibt – insbesondere im Bereich der Kryptowerte –, bleibt das Internet ein Tummelplatz für Finanzkriminalität, in dem sich Täter systematisch an regulatorischen Schwachstellen vorbeischleichen. „Anleger brauchen nicht nur Schutz durch Technik, sondern durch geltendes Recht. Und dafür müssen Staat, Plattformen und Berater gemeinsam Verantwortung übernehmen.“
Ein europäischer Schutzschirm am Horizont – Hoffnung durch rechtliche Harmonisierung
Ein Lichtblick für Verbraucher und Anleger liegt in der zunehmenden europäischen Harmonisierung des Finanzrechts. Mit der Verordnung MiCA (Markets in Crypto-Assets) sowie der Digital Finance Strategy der EU-Kommission setzt die Europäische Union gezielt auf einen einheitlichen Ordnungsrahmen für digitale Finanzdienstleistungen – insbesondere im bislang kaum regulierten Kryptosektor. Ziel dieser Maßnahmen ist es, Anbieter wie Mulfin Trade, die sich bislang in der Grauzone zwischen nationalen Zuständigkeiten bewegen konnten, endlich unter ein gemeinsames Aufsichtsregime zu stellen. MiCA soll klare Lizenzpflichten, Transparenzvorgaben und Haftungsregeln für Anbieter digitaler Vermögenswerte schaffen – grenzüberschreitend und durchsetzbar in allen EU-Staaten.
Doch diese Entwicklung steht noch am Anfang. Die vollständige Umsetzung von MiCA ist schrittweise bis Ende 2025 vorgesehen. Solange bleibt eine gefährliche Lücke bestehen: Während unseriöse Anbieter oft in Sekundenschnelle neue Webseiten oder Firmenmäntel in Drittstaaten errichten, hinkt die rechtliche Kontrolle hinterher. „Die Digitalisierung des Kapitalmarkts findet schneller statt als dessen rechtliche Einhegung“, konstatiert Dr. Thomas Schulte. „Aber jeder Hinweis der BaFin ist ein Schritt in die richtige Richtung – und ein Weckruf für Gesetzgeber, Verbraucher und Finanzbranche.“
Fazit und rechtliche Empfehlung: Vertrauen ist gut – Kontrolle ist Pflicht
Die Warnung der BaFin vor Mulfin Trade ist mehr als nur eine behördliche Notiz. Sie ist ein deutliches Signal an Anleger, Plattformbetreiber und Vermittler, dass der digitale Kapitalmarkt kein rechtsfreier Raum ist – auch wenn es manchmal so wirkt. Wer sich in Deutschland auf digitale Kapitalanlageplattformen einlässt, muss sich der Risiken bewusst sein, insbesondere bei Anbietern ohne BaFin-Erlaubnis oder mit Sitz in nicht kooperativen Drittstaaten. Im Ernstfall haben Betroffene oft keine rechtliche Handhabe – Gelder sind verloren, Ansprechpartner verschwunden, Webseiten gelöscht.
Dr. Thomas Schulte, erfahrener Anwalt für Kapitalmarkt- und Bankrecht in Berlin, rät dringend zur juristischen Vorsorge: „Man sollte niemals Geld investieren, wenn man nicht ganz sicher ist, mit wem man es zu tun hat – im Zweifel rufen Sie Ihren Anwalt zuerst an und überweisen später.“ Eine anwaltliche Ersteinschätzung ist schnell eingeholt, verhindert aber in vielen Fällen schwere finanzielle Verluste. Auch Finanzvermittler, Steuerberater und Family-Offices sollten ihre Mandanten gezielt auf die Risiken hinweisen – denn auch Berater können haften, wenn sie Warnsignale übersehen oder nicht weitergeben.
Zukunftsausblick: Auf dem Weg zu einem europäischen Verbraucherschutzstandard
Der Ausblick ist jedoch nicht nur düster. Mit der Umsetzung von MiCA, der Einführung eines europäischen Single Access Points (ESAP) für Finanzdaten und neuen AML-Regelungen (Anti-Money Laundering Package) entsteht schrittweise ein europäischer Schutzstandard, der Anleger über Grenzen hinweg schützt. Künftig sollen alle regulierten Anbieter in einem zentralen EU-Register auffindbar sein – transparent, vergleichbar und länderübergreifend durchsetzbar.
Bis dahin aber gilt: Wer heute investiert, muss doppelt wachsam sein – denn zwischen Regulierungsfortschritt und digitalem Anlagebetrug liegt oft nur ein Klick. Und der kann teuer werden.
Autor: Valentin Schulte – Experte für rechtliche Beratung
Valentin Schulte bringt ein einzigartiges Zusammenspiel aus ökonomischem Know-how und juristischem Fachwissen mit. Mit einem Master in Volkswirtschaft und als engagierter Jurist versteht er die komplexen ökonomischen und rechtlichen Fragestellungen, die Unternehmen bewegen.